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Ein Zwischenruf: Was tut sich beim Gendern?

Ein Thema für Kommunikationsprofis

Korrekt gendern? Nicht so einfach! Die Spannungsfelder bei diesem Thema sind enorm. Auf der einen Seite: „Stopp mit dem Genderwahnsinn.“, auf der anderen Seite das ernsthafte Bemühen, jeden ohne Ausgrenzung auf Augenhöhe anzusprechen. Auf der einen Seite besteht die Befürchtung, dass die deutsche Sprache verhunzt wird und morgen Thomas Mann umgeschrieben werden muss; auf der anderen Seite die selbstverständlich Erwartung, dass Sprache die gesellschaftliche Realität widerspiegeln soll und sich im Lauf der Geschichte immer verändert und angepasst hat. Jeder Einzelne muss hier seine Position finden. Das Problem: eine klare Regelung, eine klare Empfehlung gibt es nicht. Welche Lösungen gäbe es denn in diesem Dilemma?

Das folgende Beispiel geht heute jedenfalls gar nicht mehr: „Die Ärzte behandeln ihre Patienten unter Anleitung ihrer Chefärzte.“ Dreimal ein sogenanntes generisches Maskulinum! Was aber auch nicht geht: „Die Ärztinnen behandeln ihre Patientinnen unter Anleitung ihrer Chefärztinnen – und selbstverständlich sind die Männer bei dieser Formulierung mitgemeint.“ Die Verwendung von ausschließlich männlichen oder weiblichen Formen hat nämlich ihre Tücken. Ovarialkarzinompatienten – daran hat man sich gewöhnt. Ovarialkarzinompatientinnen ist sicher besser und vor allem korrekt. Aber was wäre mit Prostatakarzinompatientinnen? Hier darf es wohl die männliche Form sein. Soll man immer beide Formen nennen? Dann hieße der Satz: „Die Ärztinnen und Ärzte behandeln ihre Patientinnen und Patienten und Anleitung ihrer Chefärztinnen und Chefärzte“ Lang und langweilig. Versuchen könnte man Pluralbildungen und Umformulierungen. Aus Ärztinnen und Ärzten wird die Ärzteschaft. Aus Patientinnen und Patienten werden die Erkrankten. Die Studierenden – grammatikalisch nicht korrekt; aber das geht vom Sprachgefühl her gut. Aber aus Busfahrerinnen und Busfahrern die Busfahrenden zu machen, das geht eben nicht, weil die Busfahrenden nun einmal die Fahrgäste sind. Das sogenannte Binnen-I hat sich bereits überlebt – die LeserInnen. Das Binnen-I stammte aus der Frauenbewegung, weil die Frauen – nachvollziehbarerweise – eben nicht nur mitgemeint, sondern auch mitgenannt werden wollten. Beim Binnen-I fiel allerdings das dritte Geschlecht, die Diversen -durch den Rost. Hier zeichnet sich eine Lösung ab: das Sternchen. Aus den PatientInnen wurden die Patient*innen, wobei das Sternchen für alle stehen soll. Andere Vorschläge haben sich nicht so durchgesetzt, zum Beispiel anstelle des Sternchens den Unterstrich zu setzen – die Patient_innen. Will man ein ganzes Wort unterstreichen, wird der Unterstrich zum Blank und verschwindet - die Patient innen. Auch nicht gelungen. Was bleibt also? Mit Sprache bewusst und variantenreich umgehen. Es gilt die alte journalistische Regel: In der Kommunikation muss sich einer quälen. Entweder es quält sich der Sender bzw. Schreiber oder man quält den Empfänger bzw. Leser. Also, anstatt die dumpfe Verwendung des generischen Maskulinums könnte der Satz heißen: Die Ärztinnen und Ärzte behandeln die Kranken unter Anleitung ihrer ärztlichen Leitungen. Hin und wieder ein dazu für die Patientinnen, dann ist es auch prima.

Dr. Peter Hügelmeyer

peter.huegelmeyer@bs-muc.de

+49 163 2595230

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